Zwei Millionen pro Dosis

Das teuerste Medikament der Welt

von Moritz Weinstock

Es ist eine schrecklich Vorstellung, nicht richtig schlucken, atmen oder gar sitzen zu können. Doch Menschen und gerade Kinder, die an Spinaler Muskelatrophie leiden, kämpfen täglich damit. Eine umstrittene Gen-Therapie soll nun helfen – dem Pharmakonzern Novartis und den Kindern.

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Lumizyme (626.400 Dollar)

Die Krankheit Morbus Pompe mag zwar eine ziemlich seltene Erbkrankheit sein, doch kann sie sowohl im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter einen schwerverwiegenden Verlauf haben. Bei dieser Krankheit fehlen Enzyme, die beim Abbau von zu viel Glykogen in den Muskelzellen helfen sollen. Somit werden die Zellen beschädigt und es tritt eine Funktionsbeeinträchtigung der Muskel auf, sodass man bei Morbus Pompe auch von einer neutromuskulären Krankheit spricht. Die Heilung dieser zunehmenden Muskelschwäche, die sich bis zur Skelett-, Atem- und Herzmuskulatur ausdehnen kann, verschafft derzeit noch kein Mittel, aber das Mittel „Lumizyme“ wird zum Abmildern der Symptome und Verlangsamung der weiteren Ausdehnung verschrieben. Hierfür muss dann allerdings ein richtiger Batzen Geld bezahlt werden. Insgesamt 626.400 US-Dollar kostet das Medikament im Jahr.

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Brineura (702.000 Dollar)

Erst seit zweieinhalb Jahren gibt es das Arzneimittel Brineura auf dem deutschen Markt zu kaufen. Es wird vor allem bei der Behandlung von Ceroid-Lipofuszinose Typ 2 verwendet. Für Nicht-Mediziner: Eine Erbkrankheit bei Kindern, die für fortschreitende Hirnschäden sorgt. Das Mittel Brineura kann laut medizinischen Studien die Fortschreitung der Krankheit erheblich verlangsamen, indem das Medikament eine Kopie des Enzyms Tripeptidyl-Peptidase 1 erstellt und dem Patienten hinzugeführt wird. Dieses Enzym wird für die normale Entwicklung des Gehirns benötigt. 702.000 Dollar kostet das Mittel und ist damit eines der teuersten Medikamente der Welt.

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Spinraza (750.000 US-Dollar)

Eine Frage wird unter Ärzten intensiv diskutiert: Sollen Neugeborene verpflichtend auf spinale Muskelatrophie untersucht werden? Spinale Muskelatrophie ist dabei eine Erkrankung, der ein Gendefekt zugrunde liegt. So wird bei diesen betroffenen Babies das Protein Survival Motoneuron zu wenig oder gar nicht produziert. Je geringer die Menge dieses Stoffes, desto mehr können die motorischen Fähigkeiten beeinträchtigt werden. Mit Medikamenten wie Spinraza kann man Kinder bei einer frühzeitigen Entdeckung gut behandeln und den Krankheitsverlauf verzögern, da es wichtige Motorneurone enthält. Diese Methode hat jedoch seinen Preis, welcher wahrscheinlich von nur wenigen Krankenkassen in voller Höhe übernommen werden dürfte. Stolze 750.000 US-Dollar kostet nämlich dieses Arzneimittel.

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Ravicti (793.632 US-Dollar)

Ravicti hilft bei schwerwiegenden Harnstoffzyklusstörungen bei Erwachsenen und Kindern. Das macht das Medikament durch den Wirkstoff Glycerolphenylbutyrat, welcher als Flüssigkeit beim Essen durch eine Spritze eingenommen wird und sich die Dosis an der individuellen Proteintoleranz ausrichtet. Das Mittel bindet dann Stickstoffe und löst die vererbten Mangelerkrankungen von Enzymen. Für 793.632 US-Dollar im Jahr gibt es das Arzneimittel für den täglichen Gebrauch.

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Zolgensma (2,1 Millionen Dollar)

Stell dir vor du musst einen Lottoschein ausfüllen und nur bei einem Gewinn kannst du überleben! Was wie eine irre Science-Fiction-Dystopie klingt, ist jedoch Realität beim Arzneimittel-Hersteller Novartis. Die verlosen nämlich 100 Therapien mit dem teuersten Medikament der Welt. Dieses Mittel kostet mit 2,1 Millionen Euro weit mehr als die meisten Menschen in ihrem gesamten Berufsleben verdienen. Was die Medizin des Schweizer Konzerns so teuer macht? Es hilft wie Spinraza gegen die Spinale Muskelatrophie, dessen Auswirkungen wir oben bereits im Detail geschildert haben. Insgesamt 1.000 Kinder werden jährlich mit dem seltenen Muskelschwund geboren. 100 Kinder haben nun die kostenlose Chance auf Rettung durch Zolgensma.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.