Der Mode-Riese aus Schweden

Dieses Imperium steckt hinter H&M

von Helene Rose

Diese zwei roten Buchstaben sind wohl in so ziemlich jedem Shoppingcenter zu finden: H&M. Welches Imperium dahinter steckt, weiß ZASTER.

Gefühlt alle kennen H&M und gefühlt hat auch so ziemlich jeder Zweite Klamotten des schwedischen Modehauses im heimischen Kleiderschrank. Aber wie konnte H&M zum weltweit erfolgreichen Textilkonzern werden?

Der Aufstieg zu einem Modeimperium

Angefangen hat alles im Jahr 1946, als der Schwede Erling Persson von einer Reise in die USA in die Heimat zurückkehrte. Mit im Gepäck: die Idee, ein Damenmodegeschäft für günstige Kleidung zu gründen. Persson setzte seinen Plan in die Tat um und eröffnete am 4. Oktober 1947 seinen ersten Laden namens Hennes, was so viel wie „für sie“ oder „ihres“ bedeutet, im schwedischen Städtchen Västerås. Gut 20 Jahre später übernahm Persson den Jagdbekleidungshändler Mauritz Widforss, der auch Männer- und Kinderbekleidung verkaufte. Na, klingelt es? Genau, „Hennes & Mauritz“, also H&M, war geboren.

Nach 35 Jahren an der Spitze des Konzerns übergab der Gründer Erling Persson im Jahr 1982 die Geschäfte an seinen Sohn Stefan Persson. Ein wichtiger Schritt für das Unternehmen, denn unter seinem neuen Leiter vollzog H&M einen rasanten Aufstieg zum weltweit agierenden Modekonzern.

Das Erfolgsrezept

Jetzt stellt sich die Frage, wie in den 80er-Jahren der Sprung von einem Laden zu einem Weltkonzern gelingen konnte. Die magischen Worte: „Fast Fashion“.

Doch was genau ist „Fast Fashion“? Darunter versteht man vor allem schnell wechselnde, preisgünstige Mode. Außerdem gehört es dazu, Laufstegmodelle von Designern und Modetrends möglichst schnell zu kopieren, weniger teure Modelle zu entwerfen und auf den Markt zu bringen. Dabei ist die Zahl der Kollektionen und Auslieferungstermine ziemlich hoch. So ist es nicht unüblich, dass in einem Jahr sechs bis acht neue Kollektionen erscheinen. Bestseller aus dem eigenen Sortiment werden in kurzer Zeit nachproduziert. Außerdem wird immer wieder die Präsentation im Laden gewechselt und manchmal werden bekannte Schnitte lediglich in neuen Farben oder Mustern herausgebracht.

Der Familienkonzern wächst

Dass nach der Meinung der Persson-Familie das Unternehmen am besten in den eigenen Händen bleiben soll, zeigte sich auch wieder im Jahr 1997. In diesem Jahr wurde Karl-Johan Persson, der Enkel des Firmengründers, der neue Konzernchef. Bis heute ist er der CEO von H&M.

Und der neue Chef ist recht angriffsfreudig, unter seiner Leitung gelingt die weitere globale Expansion. Innerhalb von zehn Jahren steigt die Zahl der H&M-Filialen von 1.345 auf 4.351. Doch der Konzern verkalkuliert sich, denn während er auf die Einführung neuer Marken setzt, verpasst H&M den Trend zum Online-Shopping und die Konkurrenz zieht vorbei. Erst seit 1998 ist das Modehaus samt Onlineshop im Netz.

Branchenkenner sagen mittlerweile, dass der H&M-Chef von der Spitze abgelöst werden müsste. Doch solange sein Vater Stefan Persson Aufsichtsratchef ist, wird sich da wohl nicht viel tun. Und finanziell gesehen gibt es auch keinen Grund für ihn, unruhig zu werden. Mit einem Vermögen von rund 18 Milliarden US-Dollar ist Stefan Persson der reichste Mann Schwedens.

An H&M führt kaum ein Weg vorbei

Was viele nicht wissen: Sie kaufen auch bei H&M ein, wenn sie in ganz andere Geschäfte gehen. Denn die Firma hat seit 2007 etliche andere Marken gegründet oder dazu gekauft. Zu H&M gehören auch noch Cos, Monki, &other Stories, Weekday und Cheap Monday. Alle Läden bieten unterschiedliche Kleidungsstile, von ausgeflippt über avantgardistisch bis zu feminin ist alles dabei. Durch die verschiedenen Charaktere der Modekonzern-Familie werden viele Kunden angesprochen.

Die Neuen im Modezirkus

Eines der jüngsten Mitglieder des Modeimperiums ist Arket. 2017 ging das Label an den Markt und soll genau das Gegenteil von dem sein, was H&M bisher war. Keine „Fast Fashion“, stattdessen zeitlose Kleidung, die keinen speziellen Trends folgt. Außerdem neu dabei: Afound. Hier handelt es sich um Outlet-Geschäfte in Schweden, die hochpreisige Designer-Marken sowie H&M-Produkte zu günstigen Preisen verkaufen. Es gibt auch einen Onlineshop. Ende 2017 kam dann noch Nyden hinzu, ein Onlineshop mit weltweitem Versand, in dem es Luxusmode für die Zielgruppe Generation Y im mittleren bis höheren Preissegment zu kaufen gibt.

Auch Designer machen mit

Dass es bei H&M mittlerweile nicht mehr nur für Damen, Herren und Kinder Kleidung sondern auch Schuhe, Beautyprodukte und Wohnaccessoires im unteren bis mittleren Preissegment gibt, ist kein Geheimnis. So hat H&M zahlreiche Untermarken wie L.O.G.G. oder Divided. Besonderes Aufsehen erregen hingegen immer wieder die Kooperationskollektionen, die H&M mit international bekannten Modedesignern herausbringt. Die liegen dann preislich zwar über dem sonstigen H&M-Sortiment, aber trotzdem weit unter dem Preisniveau der eigentlichen Designer-Marke. So gab es zum Beispiel schon eine Zusammenarbeit mit Karl Lagerfeld, Kenzo oder Moschino.

H&M x Moschino Spring 2019 Ready to Wear pic.twitter.com/8TJqNwOOOm— ✨ (@yslwh0re) September 16, 2019

Die Kasse klingelt

Du kannst von H&M halten, was du willst, aber der Erfolg des Unternehmens ist nicht wegzureden. Nach dem Versandhaus Otto ist der schwedische Modekonzern hierzulande der zweitgrößte Modehändler. In den vergangenen Jahren hat H&M kontinuierlich Umsätze von mehr als drei Milliarden Euro auf dem deutschen Markt erwirtschaftet. Im Rekordjahr 2016 waren es stolze 3,8 Milliarden Euro.

Weltweit betrachtet machte H&M im gleichen Jahr 25,19 Milliarden US-Dollar Umsatz. Und auch online rollt der Rubel: 2018 machte der Modehändler aus Schweden in Deutschland einen Umsatz von 448,6 Millionen Euro und landet damit auf dem vierten Platz der Online-Mode-Händler. Platzhirsch war 2018 auf dem Gebiet mit 1,38 Milliarden Euro Umsatz auf dem deutschen Markt der Online-Riese Zalando.

H&M vergrößerte sich bisher hauptsächlich dadurch, dass weltweit neue Märkte erschlossen und neue Filialen eröffnet wurden. Insgesamt gibt es inzwischen rund 4400 Geschäfte, in Deutschland sind es über 450 Läden. H&M gibt es in über 60 Ländern, allerdings kann man nur in 35 auch online shoppen.

Und wo kommen die ganzen Sachen her?

Alle Sachen werden von eigenen Designern entworfen. H&M selbst besitzt aber keine Produktionsstätten, das Unternehmen lässt die Ware vor allem in Asien produzieren. Ein kleiner Anteil wird auch in Europa, Nordafrika und in der Türkei produziert. 20 Länder sind es insgesamt. Laut dem Nachhaltigkeitsbericht von 2011 produzieren 747 Hersteller für das schwedische Unternehmen. Weil H&M alles selbst produzieren lässt und alles selbst verkauft, kann die Firma den Preis ihrer Ware selbst bestimmen und die Gewinnspanne kann größer ausfallen.

Kritik an H&M

Das schwedische Unternehmen ist weit gekommen. Doch immer wieder gibt es auch Kritik an H&M. So wurde dem Konzern zum Beispiel vorgeworfen, Kinderarbeit zu billigen, die Ware unter miserablen Bedingungen herstellen zu lassen und die geringen Löhne in den Produktionsländern zu dulden. Auch die Arbeitsbedingungen in den Filialen wurden immer wieder kritisiert.

Dazu kam vor einiger Zeit Kritik im Rahmen einer Werbekampagne auf, als es hieß, diese sei rassistisch. Ein weiterer Kritikpunkt ist außerdem die Verdrängung lokaler, mittelständischer Unternehmen. Angekreidet wird auch immer wieder, dass die sogenannte Wegwerfmode, also günstige Kleidung, die in der Regel nicht länger als ein paar Monate getragen wird, nicht nachhaltig sei. Diesen Vorwürfen setzt H&M Recycle-Aktionen entgegen.

Die Konkurrenz ist groß

Weltweit gesehen ist H&M allerdings nur die Nummer zwei unter den „Fast Fashion“-Filialisten. Das Ranking wird angeführt vom spanischen Konkurrenten Inditex, der noch mehr Umsatz als der schwedische Modegigant macht. Zu Inditex gehören Läden wie Zara und Pull & Bear. Dazu setzen Billig-Mode-Ketten wie Primark ihre Konkurrenz ordentlich unter Druck.

Bei dem Überangebot an Kleidung musste der schwedische Konzern sich was einfallen lassen. H&M startete nun den Versuch, Kunden zu erreichen, die etwas mehr Geld ausgeben möchten. Und so wurde begonnen, Läden umzugestalten und mit Cafés auszustatten. Außerdem startete H&M das Projekt, durch künstliche Intelligenz maßgeschneiderte Kleidung erschwinglicher zu machen. Das, was als kleiner Laden für Damenmode startete, blickt nun also Richtung Zukunft.

ein Artikel von
Helene Rose
Helene studiert Linguistik in Potsdam. Als Werkstudentin bei ZASTER schreibt sie über das bei Studierenden oft knappe, aber heiß ersehnte Geld.