Was verdient eigentlich…

… ein Art Director?

von Nikolina Krstinic

Tom Reed ist als Art Director bei einem Berliner Startup tätig. Doch der Weg zum Erfolg war nicht immer leicht, wie er Zaster-Autorin Nikolina Krstinic erzählt.

Thomas hat in Berlin Grafikdesign studiert und ist mit zwei Jahren Berufserfahrung sowie einem Bachelor und einer Ausbildung als Freelancer in den Sommer gestartet. In diesem Jahr hat er fünf große Kunden betreut, die alle über Empfehlungen auf ihn zugekommen sind. Sein größter Kunde hat ihn dann zum Herbstanfang übernommen, und so arbeitet er zum ersten Mal in einer Festanstellung bei einem Unternehmen. Er ist heute Art Director in einem Marketing Start-Up.

„Ich arbeite vierzig Stunden pro Woche, also acht Stunden am Tag. Die kann ich mir ziemlich flexibel einteilen, solange ich mein Pensum abarbeite. Manchmal arbeite ich auch am Wochenende“, erzählt Tom. Er ist täglich damit beschäftigt, die Website des Unternehmens zu optimieren, und erarbeitet kreative Vorschläge für zukünftige Projekte. „Dazu kommt die Aufarbeitung unseres Brandings und die Übernahme von anderen Tätigkeitsbereichen wie Social Media oder Content-Erstellung für die Website, aber auch Übersetzungen.“ Tom ist zweisprachig aufgewachsen, und wenn er Englisch spricht, ist der britische Einschlag unüberhörbar.

Wie alles begann

Noch lange bevor er seinen heutigen Job antreten konnte, absolvierte Tom Praktika in mehreren Werbeagenturen. Zudem arbeitete er an Designkonzeptionen für Magazine, nahm an einigen Plakatwettbewerben teil und war zudem eineinhalb Jahre lang Art Director von seinem Uni-Magazin: „Da habe ich gar nichts verdient, aber unheimlich viel für die Zukunft gelernt“, räumt er ein. Doch die ersten gut bezahlten Jobs kamen schon während des Studiums, und sie wurden immer besser: „Als Freelancer habe ich netto etwas mehr als 1500 Euro im Monat verdient. Freiberufler zu sein hatte viele Vorteile, aber ich genieße auch meine neuerlangte Sicherheit. Ein fester Arbeitsplatz ist ungemein viel wert“, erzählt er stolz. Und fügt hinzu: „Ich habe hauptsächlich für Startups gearbeitet, und das meistens in Kooperation mit anderen Freelancern. Unter’m Strich verdiene ich heute besser, als damals.“

Der junge Profi kennt sich nicht nur in Social-Media-Fragen, sondern auch in den Gefilden der Werbewelt aus: „Für mich ist Werbung gut, wenn nur die Hälfte der BetrachterInnen sie versteht, sie sich jedoch derart einprägt, dass sie der anderen Hälfte erklärt wird.“ Die Werbung ist ein hartes Pflaster, und nicht jeder, der sich selbst für kreativ genug hält, darin Fuß zu fassen, kommt überhaupt dazu sein Talent unter Beweis zu stellen. Schon vor mehr als zwei Jahrzehnten schrieb der französische Skandalautor Frédéric Beigbeder in seinem Enthüllungsroman mit dem Titel „99 Francs“ (in der deutschen Übersetzung 39,90,-): „Ich bin Werber: ja, ein Weltverschmutzer. Ich bin der Typ, der Ihnen Scheiße verkauft. Der Sie von Sachen träumen lässt, die Sie nie haben werden. Immerblauer Himmel, nie flaue Frauen, perfektes Glück, Photoshop-retuschiert.“ Auch heute wird die Werbebranche und das Konsumverhalten der Gesellschaft vielerorts diskutiert. Im Laufe unseres Lebens sind wir Millionen von Werbebildern ausgesetzt, die sich unweigerlich einprägen und unsere täglichen Kaufentscheidungen auf allen Ebenen beeinflussen, vom fairen Supermarkteinkauf bis hin zum umweltfreundlich produzierten Kinderspielzeug oder dem nächsten Fortbewegungsmittel, das nunmehr emissionsfrei, aber dennoch „hübsch“ sein sollte.

Was wir beim Kauf nicht bedenken, ist der Prozess dahinter: Irgendwo sitzt ein Kreativer, der womöglich schon heute darüber entscheidet, was morgen en vogue ist – und nach wochenlangem Grübeln und vielen schlaflosen Nächten landet das Produkt auf dem Markt und in weiterer Folge beim Konsumenten. Doch der Weg dorthin bedarf einiger Zeit – und nicht zuletzt Geduld. Während Tom sich zu Beginn seines Studiums noch der Werbung verschworen hatte, möchte er heute ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten haben und ist froh, in einem Team zu arbeiten, das ihm die nötige kreative Bewegungsfreiheit gibt.

Ich frage Tom, ob er mit seinem Kreativ-Job vollkommen zufrieden ist. Die Antwort kommt prompt: „Und wie! Ich mache genau das, was ich immer machen wollte. Das ist ein großartiges Gefühl.“ Tom drückt seine selbstgedrehte Zigarette aus und blinzelt in die Herbstsonne. „Aber selbstverständlich möchte ich wachsen, dazulernen und mich weiterentwickeln, solange es nur geht.“ Und ich glaube, er ist auf dem besten Weg.

ein Artikel von
Nikolina Krstinic
Nikolina Krstinic studierte in Wien und Berlin Kulturwissenschaften, Journalismus und Unternehmenskommunikation. Sie ist als freie Autorin und Journalistin tätig - seit Februar 2018 auch für Zaster.