Brauchtum & Geld

Das Totenritual mit dem Charonspfennig

von Hannes Lustermann

Im antiken Griechenland wurde Verstorbenen als Grabbeigabe oftmals eine Münze unter die Zunge gelegt, damit sie Zugang zum Totenreich des Hades bekommen und ihre Seelen nicht einhundert Jahre in der Unterwelt umherirren.

Der Fährmann Charon: Er ist der Sohn der Urgötter Nyx (Nacht) und Erebus (Dunkelheit) und empfängt die Seelen, die Götterbote Hermes zu ihm bringt. Sie treffen ihn am Unterweltfluss Styx, der die Grenze des Totenreichs markiert. Angeblich würgte er sie, um sicherzustellen, dass sie auch wirklich tot sind, den er darf keine Lebenden transportieren. Danach setzt er sie mit seinem Boot zum Tartaros über, der Höllenpforte des Totenreichs des Gottes Hades. Die göttlichen Regeln verlangen, dass er dafür bezahlt wird.

Der Fährlohn: Zu griechisch wird er „Porthmeion“ genannt, ist aber trotz der vermeintlichen Nähe zum heutigen Begriff Portemonnaie nicht dessen Wortursprung. Verwandte und Bekannte der Verstorbenen legten dem Toten eine Münze in den Mund, um für die Überfahrt zu bezahlen. Andernfalls verweigerte ihnen Charon seine Dienste, und ihre Seelen würden 100 Jahre an den Ufern des Styx umherirren – was als viel schlimmer erachtet wurde als der Übergang in das Reich des Hades.

Der Charonspfennig, besser als Obulus bekannt: Am gebräuchlichsten war die Kleinmünze „Obolós“, die mit heutigen Eurocent-Münzen vergleichbar ist. Bis heute ist uns der abgeleitete Begriff Obulus als „kleiner finanzieller Beitrag“ erhalten geblieben.

Fun Fact – Hercules spart sich den Obulus: Als Herkules (Herakles bei den Griechen) in die Unterwelt hinabsteigen musste, um den Höllenhund Cerberus zu bändigen, hat er keine Münze dabei. Er brachte ihn je nach Überlieferung durch Einschüchterung oder gar Gewalt dazu, ihn dennoch überzusetzen. Daraufhin legten die Götter Charon zur Strafe ein Jahr in Ketten.

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Hannes Lustermann